Happy 25 Jahre Mauerfall – Sichtweisen?!

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Gesellschaft / Medien / Politik

Ich sitze im Zug, draußen ist neblige Dämmerung. Viele mögen das nicht, ich weiß. Aber mir gefällt diese Stimmung! Perfekt, um sich mit dem Mauerfall zu beschäftigen?! NEIN! Natürlich nicht! Auch heute, so viele Jahre danach, kann ich mich täglich über dieses unglaubliche Ereignis und vor allem dessen Folgen freuen. Aber nun wisst ihr wo ich gerade sitze und wie es draußen aussieht.
Nichtsdestotrotz (also trotz der Freude) arbeitete dieses medial omnipräsente Mauerfalls-Wochenende noch in meinem Unterbewusstsein weiter. Ich war neulich gerade auf dem Weg ins Bad, als mir plötzlich etwas bewusst wurde. Ich vergegenwärtigte mir beim Duschen nochmal alle Sendungen, die ich in den Tagen vor dem Wochenende und an dem Wochenende gesehen hatte. Aber nein…es war kein Irrtum. Ich konnte es kaum fassen, aber es war tatsächlich ein Fakt. Es kamen immer nur „Ossis“ zu Wort.
Nun habe ich sicher nicht alle Fernsehsendungen und Zeitungsberichte in diesen Tagen gesehen und gelesen, geschweige denn ausgewertet. Es ist also eine rein subjektive Wahrnehmung. Mir fiel wirklich nur eine Ausnahme ein: Bei Günther Jauch war neben dem Grenzoffizier von der Bornholmer Straße, dem unvermeidlichen Vorzeige-Ost-Sänger-Schauspieler (oder andersrum) Jan Josef Liefers und einer damals wie früher äußerst hysterischen, aber deswegen nicht umso weniger mutigen Frau, ein Journalist aus dem sog. Westen in der Runde. Die einzige Rolle, die ihm zukam, war die des Beobachters – damals beim Mauerfall und eigentlich auch da in der Sendung.
Klar sind westdeutsche (1989) Politiker zu Wort gekommen und haben ihre Sicht der damaligen Dinge kundgetan. Sie erzählten, was so hinter den Kulissen lief mit Gorbi und so, etc. Aber Bürger aus dem damaligen Westen kamen nicht zu Wort. Weder indem sie einfach mal zu ihren damaligen Empfindungen befragt wurden, noch dazu, ob sie eventuell auch mit zum Mauerfall beigetragen haben, indem sie ostdeutsche Untergrund- oder kirchliche Bewegungen unterstützt hätten. Und ich bin mir sicher, dass es solche Leute gab. Die einzigen, die aus dem Westen befragt wurden, waren ehemalige „Ossis“, die vor ’89 in den Westen geflüchtet sind und nun als Fluchthelfer o.ä. aktiv waren.

Warum ist das so?

Mir fallen bei längerem Nachdenken nur wenige Gründe ein. Eventuell will man (die Medien/die Politiker) den Ostdeutschen nicht ihren Erfolg streitig machen. Helmut Kohl soll das zwar in seinen aktuellen Memoiren tatsächlich versuchen. Aber er ist ja nun mittlerweile auch schon älter.
Vielleicht wollte man aber auch bloß zu diesem schönen Ereignis nicht die gute Stimmung vermiesen, indem man beispielsweise Bewohner der schönen Grenzstadt Hof (auf bayerischer Seite) befragt, wie sie denn die Monate nach Grenzöffnung insbesondere hinsichtlich der eingeschränkten Mobilität und Einkaufsmöglichkeiten empfunden haben. Nur allzu fair, wie ich finde.
Oder aber, und das würde nun doch zu der November-Stimmung da draußen passen, die Westdeutschen waren damals vielleicht größtenteils nur emotionsneutrale Beobachter, die das Geschehen an der Mauer mal mit mehr oder weniger Erstaunen bzw. Befürchtungen erlebt haben.

Nein, ich kann das einfach nicht glauben! Deswegen wünsche ich mir, dass beim nächsten anstehenden medialen Großereignis dieser Art (03.10.2015!) doch viel mehr Leute aus den alten Bundesländern an Berichterstattung und Meinungsäußerung teilhaben dürfen. Sonst heißt es nachher wieder, der Solidaritätszuschlag wird wieder nur für Ostberichterstattung verwandt (und Merkel und Gauck sind ja eh schon aus dem Osten….).

Wobei, mir fällt gerade ein … gilt Wolf Biermann eigentlich als „Ossi“?

Der Autor

Systemisches - Denken - Wirtschaften

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