224 † vs. 132 †

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Gesellschaft / Politik / Wirtschaft

Ihr wisst, was die Zahlen bedeuten?!

Die erste steht für die Zahl der russischen Menschen, die am 31.10.2015 auf dem Heimflug nach einem vermutlich schönen Badeurlaub in Ägypten waren und deren Flugzeug plötzlich einfach nach einem Raketentreffer in der Luft zerbrach und abstürzte. Menschen mit Gesichtern, Männer, Frauen, Kinder! Unter schrecklicher und qualvoller Angst gestorben, zerschmettert, verbrannt.

Die zweite Zahl kennt ihr sicher alle. Vielleicht erhöht sie sich sogar noch, falls von den vielen Verletzten in Paris es einige eventuell nicht überleben werden.

Ich finde keine Worte für das Schrecken der beiden Ereignisse. Es ist auch nicht wichtig – egal, welche Worte es sind. Sie helfen jetzt keinem dieser armen Menschen mehr und auch nicht den Hinterbliebenen und Angehörigen.

Aber, was ich kann, was ich muss…ich weine über ihren Tod. Und ich weine nicht nur über den Tod der furchtbar umgekommenen Menschen in Paris. Nein, mir geht es genauso mit den russischen Menschen aus dieser Maschine. Und damit komme ich zu meinem „Problem“. Deutschland, wobei, wir wissen es nur genau von unserer Kanzlerin, also sie weint mit den Franzosen. Andererseits sagt sie „wir“. Also doch wir alle?! Auf jeden Fall weinen „wir“ bzw. Frau Merkel nicht mit den Russen wegen ihrer Opfer. Zumindest habe ich keine vergleichbaren Aussagen aus Anlass des Flugzeugabsturzes gefunden. Warum tun wir das nicht? Warum unterscheiden wir da? Weil es Russen sind? Weil sie aus Osteuropa sind? Weil Putin ihr Präsident ist?

Mir ist klar, was die Macht der Bilder dazu beiträgt. Natürlich ist es erschütternd zu sehen, wenn Menschen schreiend vor ihren Mördern weglaufen…wenn bei alltäglichen Aktivitäten Menschen willkürlich erschossen, hingerichtet werden. So ein Flugzeugabsturz dagegen ist ziemlich anonym und meist auch nicht medial festgehalten. Es trifft einen einfach mehr, wenn man echte Bilder sieht und im Kopf hat.

Aber weder möchte ich hier Politiker-Schelte betreiben noch über Medien herziehen. Politiker haben es heute schwer genug und um ehrlich zu sein zolle ich Frau Merkel großen Respekt für das, was sie nun schon seit Jahren und insbesondere in den letzten Monaten leistet.

Mir geht es um etwas anderes. UM UNS! Warum ist es uns nicht möglich, den russischen Opfern gegenüber genauso viel Mitgefühl aufzubringen wie denen von Paris. Vielleicht wäre es doch ein tolles Zeichen gewesen, wenn wir auch für die russischen Opfer eine Schweigeminute in ganz Europa abgehalten hätten. Vielleicht hätte es uns und die russische Gesellschaft etwas näher gebracht, hätte die russischen Menschen positiv überrascht. Wir hätten etwas anders machen können, hätten das System des Kräftemessens zwischen Ost und West verstören können, aus dem Gleichgewicht gebracht. Bisschen viel „hätte“, oder? Leider haben wir die Chance verpasst. Wie so viele! Das gleiche gilt übrigens für die russische Seite. Ich bin mir nicht sicher, ob dort eine Schweigeminute für die Opfer von Paris gehalten wurde. Im Zweifel sagen die Russen, unsere 224 Toten haben ja auch keinen interessiert. Wir müssen unser Denken ändern, unsere Wahrnehmung, unsere Sensibilität, Empathie auch für andere!

Kommen wir zu meinem nächsten, zweiten „Problem“. Man liest in den letzten Tagen oft „We pray for Paris“. Das ist aus christlicher Sicht grundsätzlich sicher gut und richtig. Aber die Erfahrung lehrt uns leider, es hilft nicht immer bzw. auf Rücksicht zu den Kirchen will ich mal lieber sagen, es hilft nicht nur. Das führt zu der Frage, warum WIR nicht etwas TUN? Tun im Sinne von machen…also aktiv, ohne dass uns jemand etwas sagen oder auftragen muss und wofür wir auch niemand anderen brauchen.

  • Warum weinen wir nicht für alle Menschen, die jeden Tag durch Terror sterben oder haben mindestens Verständis dafür, dass sie davor fliehen?
  • Warum reden wir nicht mit diesen Menschen von Pegida und erklären ihnen, dass das nicht geht, was sie da tun? Jeden Tag aufs neue!
  • Warum wehren wir uns nicht gegen Menschen in unserem Bekannten- und Verwandtenkreis, die zwar nicht mit Pegida auf die Straße gehen, aber doch bedächtig ernsthaft den Kopf wiegen, ob die nicht doch Recht haben und man sich wohl doch auch mal Sorgen machen darf, was aus unserer so wichtigen deutschen Überkultur werden soll mit diesen ganzen Ausländern?
  • Warum arbeiten wir für Firmen, die Waffen oder Munition herstellen, egal für wen?

Man könnte noch viele Fragen ergänzen, die sich um angeblich notwendiges permanentes Wirtschaftswachstum, um immer billiger werdende Produkte, um Untertützung totalitärer Regime drehen. Letztere Themen sind eher für unsere Führer in Politik und Wirtschaft gedacht, aber indirekt tragen auch wir selber mit unserem Handeln und unseren Kaufentscheidungen zu diesen Entwicklungen bei. Ausreden gelten nicht!

Ich hoffe, dass diese beiden schrecklichen Ereignisse der jüngeren Geschichte mit den vielen Toten zu der Erkenntnis bei Ost und West führen, dass man das nur gemeinsam in den Griff bekommt. Und zwar nicht mit der üblichen kriegerischen Kurzschluss-Reaktion, sondern mit neuen Wegen. Bombenangriffe durch Russland oder Frankreich oder alle anderen führen nur wieder zu mehr Gegengewalt. Es muss etwas grundsätzlich anders werden in unserer Welt! Das sind wir unseren Kindern schuldig, die auch zukünftig zu Fußball-Spielen und Musik-Konzerten gehen können müssen…ohne Angst!

Der Autor

Systemisches - Denken - Wirtschaften

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